Vorsicht bei Alkohol am Arbeitsplatz

Vorsicht bei Alkohol am Arbeitsplatz

 

Mindestens 20 Prozent aller Arbeitsunfälle geschehen unter Einfluss von Alkohol, hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ermittelt. Das kann Folgen für Chefs und Mitarbeiter haben. Denn bei Unfällen der Angestellten entfällt nicht selten deren Versicherungsschutz.

Schon geringe Mengen Alkohol können die Arbeitsfähigkeit mindern. Oft reicht das Glas Sekt, das bei Geburtstagsrunden von Mitarbeitern im Kollegenkreis ausgegeben wird. Die Folgen können drastisch sein: Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe warnt zum Beispiel, dass alkoholisierte Mitarbeiter oft nicht mehr gesetzlich unfallversichert sind.

Ob dies der Fall ist, hängt vom Grad der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit ab. Zu klären ist: Liegt bei dem Mitarbeiter ein Leistungsausfall vor, das heißt Volltrunkenheit, oder lediglich ein Leistungsabfall? Im Zustand der Volltrunkenheit entfällt der gesetzliche Unfallversicherungsschutz. Denn da der Angestellte nicht in der Lage ist, die wesentlichen Arbeitsschritte durchzuführen, verrichtet er keine dem Unternehmen förderliche Tätigkeit. Ein Unfall ist somit kein Arbeitsunfall, so die Rechtsprechung.

Anders ist die Lage, wenn ein Mitarbeiter noch fähig ist, eine zweckgerichtete Arbeit zu verrichten. Dann handelt es sich lediglich um einen alkoholbedingten Leistungsabfall. Hier besteht in der Regel der Unfallversicherungsschutz weiter, weil ein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Unfallursache angenommen wird. Doch auch hier gibt es eine Ausnahme – und zwar dann, wenn der Alkoholeinfluss nachweislich die einzig mögliche Ursache war.

Die Chefs müssen handeln

Der direkte Vorgesetzte hat zu entscheiden, ob ein alkoholisierter Mitarbeiter vom Arbeitsplatz entfernt werden muss. Kann ein Angestellter nicht mehr sicher und korrekt arbeiten oder stellt er für sich oder andere eine Gefahr dar, muss der Vorgesetzte sofort handeln. Denn kommt es wegen Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder einer Schutzvorschrift zu einem Unfall, besteht Anspruch auf Ersatz des Personenschadens, wenn die Gesundheit des Arbeitnehmers in Mitleidenschaft gezogen oder sein Leben gefährdet wurde.

Der Chef darf den Mitarbeiter allerdings nur dann allein nach Hause schicken, wenn der Alkohol diesen nur leicht beeinträchtigt. Ist der Mitarbeiter stark beeinträchtigt, muss er dafür sorgen, dass der Betrunkene sicher begleitet nach Hause gelangt. Ist der Mitarbeiter durch den Alkohol hilflos oder desorientiert, muss der Chef unverzüglich notfallmedizinische Hilfe rufen.

Wann der Kündigungsschutz entfällt

Alkoholsucht ist als Krankheit anerkannt. Krankheit ist ein ordentlicher Kündigungsgrund gemäß Kündigungsschutzgesetz, hier sind die Hürden aber trotzdem sehr hoch für eine Kündigung. Strittig sind Rückfälle, die erneut zu Fehlzeiten führen, zum Beispiel nach zunächst erfolgreich verlaufener stationärer Entzugstherapie. Es müssen zum Zeitpunkt der Kündigung Tatsachen vorliegen, die die Prognose weiterer Erkrankungen des Arbeitnehmers in dem bisherigen Umfang rechtfertigen. Diese Voraussetzung heißt negative Gesundheitsprognose.

In diesen Fällen darf das Unternehmen einem Mitarbeiter kündigen. Und zwar dann, wenn dieser aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen. Das hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt. „Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel – etwa eine Versetzung – nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss“, so das Gericht in der Urteilsbegründung (2 AZR 565/12).

Suchtprävention lohnt sich

Aus all dem folgt: Unternehmen haben ein Interesse an betrieblicher Suchtprävention. Bevor Maßnahmen eingeleitet werden, sollten allerdings folgende Fragen gestellt werden. Wie wurde das Thema Drogen bisher im Unternehmen behandelt? Welche suchtfördernden Arbeitsbedingungen gibt es? Sind bereits Schritte gegen übermäßige Belastungen ergriffen worden? Es lohnt sich, Ansprechpartner für Suchtprobleme im Unternehmen zu benennen. Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, sollten die Arbeitnehmervertreter einbezogen werden. Gemeinsam könnte eine Betriebsvereinbarung erarbeitet werden, die den Umgang mit erkrankten Kollegen regeln hilft.

Zudem kann das Unternehmen Mitarbeitergespräche führen und darauf hinweisen, wie viel Alkohol zu viel ist oder ab wann gesundheitliche Risiken beginnen. Dabei sollten auch andere Suchtstoffe und
-formen wie Crystal Meth und Spielsucht, die gerade unter jüngeren Arbeitnehmern verbreitet sind, einbezogen werden. Das Unternehmen kann die Belegschaft zudem zu gesundheitsförderlichen Informationsveranstaltungen schicken oder für Gesundheitstage externe Beratungsstellen einladen.